Bruno Feger · Augenblick verweile doch

Eröffnungsrede von Dr. Hoimar von Ditfurth zur Aufstellung der Gräser-Skulptur »Gräser 11-6-18«, 2018 in Bad Homburg

Augenblick, verweile doch!

Unter diese Worte möchte ich meine kleine Rede setzen, um die Ute und Uli mich gebeten haben.

Sie passen: Vollendete Gastgeber …

Und die Worte umschreiben, was das Werk von Bruno Feger von früh an bis heute auszeichnet, nämlich das Festhalten eines Momentes im Werden, Sein und Vergehen der Natur. So stand auch vergangenes Jahr eine schöne Werkausstellung von Bruno Feger in Schwäbisch-Gmünd unter diesem Satz.

Für die, die Bruno Feger noch nicht so gut kennen, hole ich ein wenig aus.

Bruno Feger, Jahrgang 62, ist ein Kind des Südschwarzwalds, in dessen Nähe er inzwischen wieder gezogen ist. Er studierte in den 80er Jahren Architektur an der HdK (heute UdK) in Berlin und wandte sich danach vollends der Kunst zu. In den 90er Jahren wurde sein Werk bereits durch erste Preise ausgezeichnet. Seitdem findet der aufmerksame Beobachter Werke von Bruno Feger vielfach im öffentlichen Raum, auch im Frankfurter Raum, so zum Beispiel Grashalme in der Uni Frankfurt oder Hagebutten vor dem Verwaltungsgebäude des Verlags der deutschen Genossenschaftsbanken in Wiesbaden.

Sieht man von seinen Stahlworten ab, setzt sich Bruno Feger mit seiner Kunst immer mit der Natur auseinander. Nicht der Mensch, sondern Pflanzen in ihrem Werden und Vergehen sind sein Thema.

Sein Schaffen begann mit Wachsbildern und setzte sich über große gewachste Holzskulpturen fort, die auf sehr eindrucksvolle Weise Blüten im Verwelken zeigen. Auch diese frühen Werke waren zuletzt in der schon erwähnten Ausstellung in Schwäbisch Gmünd öffentlich zu sehen. Seit Jahren habe ich sie schon in Brunos Atelier bewundert – er trennt sich trotz vieler Avancen völlig zu Recht von keiner dieser Arbeiten.

Den Holzarbeiten folgten Arbeiten in Stahl, zum Teil mit Elementen aus Kunstharz. Dazu zählen seine Hagebutten, die auf langen geschwungenen Stielen über uns schweben und in Gruppen ihren Raum umreißen, Kirschen, die auf einem Sockel in den Mittelpunkt gerückt werden, welkende Tulpenblüten oder Grashalme, wie wir sie heute hier sehen dürfen.

Bruno Feger gelingt es, nicht nur immer wieder durch neue Motive zu überraschen, sondern auch seinen Werken, wie hier den Grashalmen, durch neue Interpretationen und Konstellationen stets einen besonderen und anderen Ausdruck zu verleihen.

Werke wie die Hagebutten und die welkenden Tulpenblüten erinnern an klassische Stillleben, die mit dem Vergehen von Blumen, Obst oder auch manchmal Tierkadavern an unsere eigene Vergänglichkeit erinnern. Hier wird ein Moment des Vergehens gezeigt. Bruno Feger geht es dabei nicht um eine naturalistische Rezeption der Pflanzen, sondern er reflektiert in seinen Werken neben der Vergänglichkeit auch den Lebensdrang der Natur, indem er dem Vergehen kraftvolle Strukturen und leuchtende Farben gegenübersetzt. Er befasst sich mit dem Werden und Vergehen, es geht ihm um das Verstehen der „vom Hingang lebenden Dinge“ (Rilke).

Seine Interpretation der Natur löst sich zwar vom natürlichen Vorbild und abstrahiert die Pflanzen. Das ändert aber nichts an seiner Liebe zum Detail der Oberflächen und Strukturen. So sind beispielsweise die viele Meter langen Stengel seiner Hagebutten nicht etwa mit der Spritzpistole lackiert, sondern sehr bewusst und aufwändig mit kleinem Pinsel grün bemalt und wer nahe herantritt, sieht die Strukturen der Pinselstriche. Der Abstraktion und dem Material des harten Stahls tritt damit geradezu organisches gegenüber.

Die Gräser, die wir heute enthüllen, zeigen all diese Merkmale der Kunst von Bruno Feger ganz besonders schön. Überdimensioniert rücken sie die kleinen Grashalme in den Mittelpunkt, die wir in der Natur nicht im Einzelnen, sondern nur als Gesamtheit einer Wiese wahrnehmen. Die Kraft der Natur ist den Gräsern anzusehen. Sie schwingen sich so stark aus dem Boden, dass man an peitschende Schwänze von Reptilien denken könnte. Und wer an sie herantritt, wird fasziniert davon sein, wie diese großen Skulpturen aus unzähligen kleinen Stahlpättchen, die Bruno Feger aus großen Stahlplatten schneidet, zusammengeschweißt sind. Die sichtbaren Schweisspunkte stehen wieder für die Brüchigkeit und Vergänglichkeit der Natur. Und auch hier sehen wir unschwer, dass nicht die Lackierpistole zum Einsatz gekommen ist, sondern Bruno Feger mit kleinem Pinsel die grüne Farbe aufträgt. So wie in der Natur alles aus unzähligen Zellen zusammengesetzt ist, baut Bruno Feger sein Abbild der Natur aus unzähligen Stahlplättchen zusammen, jedes Plättchen individuell und gemeinsam mit den anderen ein Ganzes schaffend.

Schon das einzelne Gras in seinem vom Wind (oder ist es schon der Beginn des Welkens?) geformten Schwung lädt uns ein, von allen Seiten die unterschiedlichen Perspektiven der Skulptur zu genießen. Noch viel mehr gilt dies aber für die Gruppe der drei Gräser, die wir heute enthüllen. Ich kann jeden nur dazu einladen, die verschiedenen Perspektiven auf sich wirken zu lassen. Bruno Feger hat einen sehr sicheren Blick für die Zuordnung der einzelnen Skulpturen in Gruppen. Dafür ist das Werk der drei Gräser ein guter Beweis.

Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, wieviel Freude es macht, mit Bruno ein Projekt zu planen und durchzuführen. So freue ich mich jetzt besonders mit Baecks, deren Vorgarten schon so lange auf diese wunderschöne Ergänzung wartete. Und ich werde mich über jedes weitere Werk von Bruno Feger freuen, das ich zusätzlich in Bad Homburg, in Frankfurt oder sonst wo entstehen sehe.

In diesem Sinne wünsche ich Ute und Uli viel Freude und anhaltende Vitalität mit den drei Gräsern.

Und Bruno wünsche ich ein glückliches und reichliches Aufgehen weiterer Saat.

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